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Hermal

K.A., 11.04.2017

Im Gegensatz zu anders lautenden, und neuerdings immer wieder erhobenen, Behauptungen, ergreifen wir hier die Gelegenheit kurz nachzuweisen, dass wissenschaftlich ernstzunehmende und empirisch belegbare Grundlagen und Ausweise für Konstrukte, wie sie im Folgenden knapp angerissen werden, schlichtweg nicht existieren. Zwar hat Plinius d. Ä. in seinem Buch XXXVI vom Tempel der Fortuna in Antium berichtet, den Nero dort neu errichtet haben soll, doch bereits dieser Bericht entbehrt gemeinsam mit seiner Aussage, er hätte zur Gänze aus phengites (Leuchtstein oder Glimmer) bestanden, jedweden Beweises. Nicht nur mangelt es uns an archäologischen Funden, die auf einen solchen Tempel in Antium oder anderswo hinweisen, es muss auch unklar bleiben, worauf sich eine Wendung wie »Neubau« hier überhaupt beziehen soll. Glimmer ist ein hochgradig transluzides Mineral, das sich in hauchdünne Scheiben schneiden lässt. Dass diese trotzdem über die Härte des Marmors verfügen, hat Guido Panciroli aber dann im 16. Jahrhundert dazu erfunden. Wenn Plinius behauptet, dass es in diesem Tempel immer, auch bei geschlossenen Türen, helle bliebe, dann handelt es sich zweifellos um ein weiteres Produkt seiner Fantasie. Ausgehend von solchen rein spekulativ-fiktiven Annahmen eines Lapis specularum, referieren in jüngster Vergangenheit nun einige Publikationen – ich erspare mir an dieser Stelle genauere Verweise, denn es handelt sich in der Mehrzahl um obskure Druckwerke oder Blogeinträge, gleichwohl derlei »literarische« oder »mythopoetische« Bezüge nun auch schon in seriösen Veröffentlichungsorganen des IKR-BNT (Institut für Konsensrealität auf Basis -faktisch nachweisbarer Tatsachen) auftauchen – auf derlei »Grundlagen« und ergänzen sie um nachgerade lächerliche Erweiterungen. Man will nun von einem Adyton dieses Tempels wissen, wo pandrogyne Priesterinnen einzelne Steine (bearbeitet und unbearbeitet), Stelen oder phallische Diorit-Skulpturen mit flüssigem Butterfett salbten und mit taktil erregenden Stoffen (es stellt sich die Frage: »Wen sollen diese eigentlich erregen – sie selbst vielleicht?«) umhüllten. Mag man nun einwenden, dass Hypothesen zu imaginären Kulten, deren vorgebliche Tempel niemals existierten, kaum der Rede wert sein dürften; dennoch scheint es in Zeiten sich steigernder Verwirrung geboten, überall dort denen scharf in die Bresche zu fahren, die meinen, sich ihre fiktiven Historien einfach selbst fabrizieren zu dürfen. Zum Beispiel die sich wiederholende Wortverwendung »pandrogyn« – handelt es sich hierbei um einen Druckfehler, der von anderen geistlos übernommen und abgeschrieben wird, oder erfindet man sich hier gleich eine ganze Begriffslandschaft? Selbiges gilt für die »Herminen« oder »Herminalen«, wie man die Priesterinnen oder Kultdienerinnen (bei denen es sich wohl auch um Männer handeln soll) mitsamt ihrem »hermalen« Dienst zu nennen beliebt. Wie bei derlei Versuchen häufig, versucht man Fakten mit Hirngespinsten so zu vermischen, dass Pseudo-Fakten entstehen, die sich für die kritische Bewusstseinsbildung schließlich als schädlich erweisen. Ausgehend von einer an sich schon kryptischen Stelle des Aristoteles aus dessen Metaphysik, der zu Folge der »Hermes im Stein wohne/lebe/sei« entwickeln sich esoterische Gradienten, die sich zum einen durch frei erfundene Zusammenhänge absichern wollen, zum anderen werden »philosophische« Mutmaßungen angestellt, die wiederum dazu führen, diesen »Tempel« gleich überall zu finden! Die ganze Welt sei heute ein solcher geworden und allein eine »hermale« Lebensform würde den Weg weisen. Siliziumsand löse sich im Licht (lysioi lithoi !), alte Prozession wandeln sich zu neuen Prozessoren u. dgl. mehr. Im beklagenswerten Zustand, in welchem sich Teile der gegenwärtigen Forschungslandschaft heute befinden, liegt es dann auch nahe, dass populärkulturelle Elemente hier einfließen können. In einem erst kürzlich eingereichten Vorschlag für ein Symposium wurde ganz ernstlich nahegelegt, dass zwei Akkordfolgen [Eb F# Eb F# Dbm H F# und Am D Am D Cm G], die dem Soundtrack zu einem sechsminütigen Experimentalfilm aus dem Jahr 1949 eines obskuren kalifornischen Filmemachers entstammen, sich als quasi-pythagoräische Tonalsegmente dafür anbieten würden, mathematisch basierte Universalverhältnisse zu prüfen – und all das versehen mit dem Hinweis, dass jene Akkordfolgen der Begleitmusik hurritischer Zeremonialgesänge exakt glichen! Nun lässt sich aber (wie nicht anders zu erwarten) weder der Komponist, ein gewisser Jonathan Halper, dieser Filmmusik nachweisen, noch hat jemals jemand irgendwelche Belege für hurritische Zeremonialgesänge oder deren Begleitung zu Gesicht bekommen. Ausgegebene Kurzlosungen wie »Leben – Tod – Leben« oder »Leben, zweisilbiger Tod«, die in Form von Sgraffitos auf dünnen Goldplättchen bereits in Tumuli des 12. Jahrhunderts v. u. Z. gefunden wurden, sollen Zusammenhänge zwischen diesen wild imaginierenden Entwürfen und ältester dionysischer Orphik stiften. Der wissenschaftlich sich gebende Anstrich solcher »Denkrichtungen«, mögen sie sich etwa Hermetic Experimental Research oder Lithografischer Realismus nennen, erweist sich als bloßer Schaum und Rauch. Ob es sich hierbei um die bewusste Agitation Einzelner oder um den Ausdruck des fahrlässigen Umgangs mit ungesichertem Quellenmaterial handelt, müssen andere Einrichtungen klären. Eine weitere Auseinandersetzung ist aber nur im Sinne des Nachweises der kompletten Unsinnigkeit geboten, da regelrechte Falsifizierung hier ohnehin nicht in Frage kommt.
→ interne Stellungnahme // Vorgehens- und Verhaltensweise.

Quaddie

Tyler Coburn, 11.04.2017

“Quaddie” is a term awaiting political correction, but how else should we describe the four-armed workers genetically engineered for three fall environments?
The Quaddies are the legal property of a mining company. As “post-fetal experimental tissue cultures,” they’re too many links down the Great Chain to share human rights and protections.
A Quaddie body is bottom-heavy: thin hips atop massive glutes. The lower arms bowed and muscled, the wrists thick, the digits squat. It’s what you get when you put a chimpanzee on a horse, the remove the horse.
→ Lois McMaster Bujold, Falling Free. New York: Baen, 1988

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