Sigfried Giedion und die »Explorations«
Die anonyme Geschichte der Medien-Architektur
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Der Schweizer Architekturhistoriker Sigfried Giedion spielte für die frühe Medientheorie der Toronto School eine entscheidende Rolle. Giedion begegnete McLuhan 1939; in den 1940er- und 1950er-Jahren pflegten sie einen regen Austausch. Ihre Korrespondenz zeigt, wie sehr das Engagement beider für das, was Giedion »Bedeutungsfragmente [...] in der Neuartigkeit und Vielfalt ihrer Beziehungen« nannte, einen theoretischen Rahmen für McLuhan und seine Kollegen bei ihrer wegweisenden Medienforschung an der Universität Toronto bot. Giedions Arbeiten wurden zu einem Kristallisationspunkt des kultur- und kommunikationswissenschaftlichen Seminars (1953-1955), das McLuhan zusammen mit Edmund Carpenter leitete, einem Anthropologen, der sich mit arktischen Kulturen befasste, sowie mit Jaqueline Tyrwhitt (einer Kollegin Giedions), dem Ökonomen Thomas Easterbrook und dem Psychologen D. Carlton Williams. Aus diesem Seminar ging eine äußerst folgenreiche Zeitschriftenreihe hervor: die in den 1950er Jahren publizierten Explorations. Die größte Aufmerksamkeit widmete die Gruppe dabei Giedions Methode der »anonymen Geschichte«, wie er sie bereits in »Space, Time and Architecture« (1941) [»Raum, Zeit, Architektur«, 1965] praktiziert und in »Mechanization Takes Command« (1948) [»Die Herrschaft der Mechanisierung«, 1994 (1982)] weiter entwickelt hatte. In dieser Zeit fungierte Tyrwhitt als Bindeglied zwischen Giedions zeitgenössischen Untersuchungen und den gerade entstehenden Theoretisierungen der Gruppe von »new media spaces«. Der späte Giedion weist keine Berührungspunkte mit McLuhans späteren Arbeiten auf, wurde aber seit den späten 1950er Jahren von Carpenters Erkenntnissen über die Raum-Zeit-Konzepte der Aivilik-Inuit und anderer indigener Kulturen inspiriert.
Gesellschaft für Medienwissenschaft (ed.)
Zeitschrift für Medienwissenschaft 11
Dokument und Dokumentarisches
Softcover, 216 pages
PDF, 216 pages
»Dokument und Dokumentarisches« zielt auf die unterschiedlichen Akte der Beglaubigung und Bezeugung, des Beweisens, Registrierens und Zertifizierens, letztendlich also der Herstellung von Evidenz, Authentizität und Wahrheit und fragt danach, wie sich diese Akte jeweils medienspezifisch ausprägen und welche Gesten und Einsätze des Dokumentarischen die Autorität einer dokumentierten Wahrheit irritieren oder unterlaufen. Die synchrone und diachrone Vielfalt dokumentarischer Bezugnahmen lässt sich nicht nur in den etablierten audiovisuellen Mediengenres, wissenschaftlichen Darstellungsformen und künstlerischen Praktiken verfolgen. Sie verweist darüber hinaus auf den Sachverhalt einer ins Alltagsleben der Mediennutzer/innen diffundierenden dokumentarischen Formensprache, die die zeitgenössischen digitalen Regime der Produktion von Subjektivität und Kollektivität maßgeblich bestimmen.