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Michael Cuntz: (Re)Mobilisierung der Immobilien
(Re)Mobilisierung der Immobilien
(p. 163 – 194)

Michael Cuntz

(Re)Mobilisierung der Immobilien
Zur Biohistorie des Bauens und Wohnens bei Alejo Carpentier, André Leroi-Gourhan, Michel Serres und Gilbert Simondon

PDF, 32 pages

Michael Cuntz schließt dieses Kapitel mit einer genauen Lektüre der Architekturkonzepte von André Leroi-Gourhan, Michel Serres und Gilbert Simondon. Alle drei rücken in ihren Überlegungen zum Bauen als anthropologisch bedeutsamer Technik die grundlegende Funktion von Behaustsein und die Materialien sowie die Werkzeuge und Instrumente in den Vordergrund. So richtet Leroi-Gourhan die Aufmerksamkeit auf die leichten, vergänglichen Materialien, deren Produkte (Zelte, Hütten und Windschutz) vergessen sind; Serres definiert den Menschen außerhalb der festen Mauern und der Sesshaftigkeit, nämlich als homo navigans, homo vagans und homo fugiens; und Simondon begreift Hütte und Haus mit Jacques Lafitte als ›passive Maschinen‹, die allerdings keineswegs im klassischen Sinne passiv sind, insofern sie Instrument-Qualitäten besitzen – in diesem Fall, um aus Umgebung und Materialien etwas zu empfangen. Vor dem Hintergrund der anthropologischen, wissenshistorischen und technikphilosophischen Überlegungen der drei Autoren ruft Cuntz zu einer Abwendung von der Architektur als ›Fortifikation‹ (schwere, beständige Baumaterialien und Bauplan) und Hinwendung zur ›Hüttifikation‹ auf. Hüttifikation hier im Sinne einer reversiblen Architektur, die die Möglichkeit zur Reparatur mitdenkt und vor allem Fertigungsprozesse lokalisiert und ökologisiert, und dies mit größter Präzision und industriell-technischem Know-how.

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Karin Krauthausen (ed.), Rebekka Ladewig (ed.): Modell Hütte

Die Hütte wird gemeinhin als spontanes und vorläufiges Gebilde verstanden, als eine Improvisation im Außenraum, aus arbiträrem Material gefügt und mit einem klaren Ziel: schnell und mit vorhandenen Mitteln einen abgetrennten Bereich zu konstituieren. So verstanden faltet die Praxis der Hütte den Raum, sie erstellt gewissermaßen eine Tasche oder eine Abteilung in ihm und ermöglicht auf diesem Weg ein relatives Innen in Differenz zu einem Außen. Eine solche temporäre Faltung des Raums kann vielfältige Funktionen haben und etwa als Unterstand, Obdach, Versteck, Lager oder Zuflucht dienen. In jedem Fall wird der Bau nur selten planvoll konstruiert. Die Hütte gründet auf einer kreativen Praxis, die nicht als solche wahrgenommen wird. In der Konsequenz bildet die Hütte keine eigene Kategorie und ist gerade darin beispielhaft: Sie liefert das Modell für die spontane Emergenz von Strukturen, die in der Folge entweder vergehen und damit ephemer bleiben oder aber eine eigene Geschichte in Natur und Kultur begründen. Dieses weit über die Architektur hinausreichende ›Modell Hütte‹ erschließen die geistes- und naturwissenschaftlichen sowie gestalterischen Beiträge des Bandes über eine Vielfalt von Diskursen, u.a. zu Wohnen in the making, Prekäre Räume, Technik des Ephemeren, Kulturelle Urszene, Erweiterte Physiologie sowie Haut und Sein.

 

Mit Beiträgen von Michel Agier, Emily Brownell, Michael Cuntz, Heike Delitz, Elmgreen & Dragset, Michael Friedman, Finn Geipel & Sabine Hansmann, Ulrike Haß, Inge Hinterwaldner, Tim Ingold, Susanne Jany & Khashayar Razghandi, Stephan Kammer, Joachim Krausse, Karin Krauthausen, Rebekka Ladewig, Stephan Pinkau, Luca Rendina, Kathrin Röggla, Anna Roethe, Samo Tomšič, Felicity Scott, J. Scott Turner.

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