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Michael Friedman: Sempers Hütte und die Grenzen der Mathematik
Sempers Hütte und die Grenzen der Mathematik
(p. 385 – 410)

Michael Friedman

Sempers Hütte und die Grenzen der Mathematik

PDF, 26 pages

Der Wissenschaftshistoriker Michael Friedman geht in seinem Beitrag zurück zu Gottfried Sempers Diskussion der ›Urhütte‹ bzw. des dafür konstitutiven Textilen und setzt Sempers Verständnis der Architektur in Relation zu den zeitgenössischen mathematischen Vorstellungen des Raums sowie zu Sempers eigenen Versuchen und Überlegungen zu einer Mathematisierung von Kunst und Architektur. Der Übergang zu einer Geometrie der vier- und schließlich n-dimensionalen Räume und das Aufkommen der Topologie verändern die Definition des Raums, der nun nicht mehr als zeitloser Behälter und apriorische Bedingung verstanden werden kann, sondern in Abhängigkeit von Handlungen und Gegenständen gedacht werden muss, die auf ihn einwirken. Damit wird aber die unbeständige und flüchtige Hütte als Modellfall für eine Mathematisierung interessant. Sempers eigene Untersuchungen zielen einerseits darauf ab, das Kunstwerk nach dem Vorbild des Differentialkalküls als ›Funktion‹ zu erkennen, aber damit andererseits auch die Grenze der Mathematik gegenüber der ›unendlichen Mannichfaltigkeit‹ von Natur- und Kulturformen zu belegen. Gerade das Textile mit seinen geflochtenen Strukturen und Stofffalten wird dabei zu jenem Paradebeispiel, an dem nicht nur eine Grenze, sondern sogar ein Scheitern der Mathematik aufgezeigt werden kann.

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Karin Krauthausen (ed.), Rebekka Ladewig (ed.): Modell Hütte

Die Hütte wird gemeinhin als spontanes und vorläufiges Gebilde verstanden, als eine Improvisation im Außenraum, aus arbiträrem Material gefügt und mit einem klaren Ziel: schnell und mit vorhandenen Mitteln einen abgetrennten Bereich zu konstituieren. So verstanden faltet die Praxis der Hütte den Raum, sie erstellt gewissermaßen eine Tasche oder eine Abteilung in ihm und ermöglicht auf diesem Weg ein relatives Innen in Differenz zu einem Außen. Eine solche temporäre Faltung des Raums kann vielfältige Funktionen haben und etwa als Unterstand, Obdach, Versteck, Lager oder Zuflucht dienen. In jedem Fall wird der Bau nur selten planvoll konstruiert. Die Hütte gründet auf einer kreativen Praxis, die nicht als solche wahrgenommen wird. In der Konsequenz bildet die Hütte keine eigene Kategorie und ist gerade darin beispielhaft: Sie liefert das Modell für die spontane Emergenz von Strukturen, die in der Folge entweder vergehen und damit ephemer bleiben oder aber eine eigene Geschichte in Natur und Kultur begründen. Dieses weit über die Architektur hinausreichende ›Modell Hütte‹ erschließen die geistes- und naturwissenschaftlichen sowie gestalterischen Beiträge des Bandes über eine Vielfalt von Diskursen, u.a. zu Wohnen in the making, Prekäre Räume, Technik des Ephemeren, Kulturelle Urszene, Erweiterte Physiologie sowie Haut und Sein.

 

Mit Beiträgen von Michel Agier, Emily Brownell, Michael Cuntz, Heike Delitz, Elmgreen & Dragset, Michael Friedman, Finn Geipel & Sabine Hansmann, Ulrike Haß, Inge Hinterwaldner, Tim Ingold, Susanne Jany & Khashayar Razghandi, Stephan Kammer, Joachim Krausse, Karin Krauthausen, Rebekka Ladewig, Stephan Pinkau, Luca Rendina, Kathrin Röggla, Anna Roethe, Samo Tomšič, Felicity Scott, J. Scott Turner.

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